22. Juli

The Disconnect – Unsere Klasse 9a war für eine Woche offline

Eine Woche ohne Smartphone, ohne Social Media, ohne Streaming – geht das überhaupt noch? Viele nehmen sich vor, digital kürzerzutreten, doch nur wenige setzen es wirklich um. Unsere Klasse 9a hat es ausprobiert – und zwar freiwillig, konsequent und gemeinsam.

Ausgangspunkt war der Jugendroman „The Disconnect“ der britischen Autorin Keren David, den die Klasse im Englischunterricht bei Frau Alicia Strohmenger gelesen hat. Darin fordert eine Milliardärin eine Gruppe Jugendlicher heraus, sechs Wochen lang auf ihr Smartphone zu verzichten – als Preis winken 1.000 Pfund. Die Geschichte bot reichlich Gesprächsstoff: Wie fühlt sich ein digitaler Entzug an? Was verändert sich im Alltag ohne Smartphone? Was gewinnt man – und was fehlt?

Doch statt bloß über diese Fragen zu diskutieren, fassten einige Schülerinnen und Schüler spontan den Entschluss: Wir machen das selbst. Diese Eigeninitiative überraschte selbst Frau Strohmenger, die zwar auf Impulse durch die Lektüre gehofft hatte – aber nicht mit so viel Konsequenz gerechnet hatte.

Schnell stellten sich praktische Fragen: Welche Geräte müssen abgegeben werden? Wie lange geht der Selbstversuch? Welche Woche eignet sich am besten für die Klasse – und für die anderen Lehrkräfte? Nach kurzer, gemeinsamer Abstimmung und Rücksprache mit den Eltern war klar: Start ist Montag, der 7. Juli. Die Smartphones wurden eingesammelt, und die Woche begann – ganz ohne Online-Welt. Die Erfahrungen hielten die Schülerinnen und Schüler in strukturierten Fragebögen, die Frau Strohmenger ausgearbeitet hatte, fest.

Schon bald wurden kreative Alternativen gefunden: Armbanduhren ersetzten das Smartphone als Zeitgeber, Telefonate liefen über das Festnetz, Papier-Fahrkarten und Schülerausweise wurden wiederentdeckt, Absprachen erforderten mehr Planung – und führten mitunter zu Missverständnissen… Das Fazit nach einer Woche fiel überwiegend positiv aus: mehr echte Gespräche, weniger Ablenkung, besserer Schlaf – und das gute Gefühl, eine Idee gemeinsam in ein Experiment umgewandelt zu haben.

Auch Frau Strohmenger verzichtete weitgehend auf ihr Smartphone. Beeindruckt war sie vor allem vom reflektierten Umgang der Jugendlichen mit dem Thema. Wichtig war ihr, dass das Projekt freiwillig geschah, gemeinsam getragen wurde – und cool war. „Lehrerinnen und Lehrer sollten nicht nur über Medienmündigkeit reden, sondern sie auch vorleben“, sagt sie. Ein solches Experiment sei nur dann sinnvoll, wenn es nicht als Pflichtprogramm, sondern als gemeinsame Entscheidung verstanden wird.

Was bleibt – und wie geht es weiter?

Die Aktion der 9a hat ein starkes Zeichen gesetzt. Vielleicht wird sie bald Nachahmer-Klassen finden – oder Anknüpfungspunkte im gemeinsamen Projekt mit der Altschülerin und Medienwissenschaftlerin Prof. Dr. Tong-Jin Smith, die sich ebenfalls mit digitaler Balance beschäftigt.

Offline zu sein heißt nicht, abgeschnitten zu sein. Manchmal heißt es: wieder näher bei sich selbst und anderen anzukommen.

Text: Elisabeth Ilg

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