05. Juni

Let the show begin: Kim Ludolf Kochs Weg durch die Welt des Kinos

Kim Ludolf Koch kam in der 8. Klasse an den Birklehof – nicht aus einem dramatischen Anlass, sondern weil ein Schulwechsel ohnehin anstand. Ein Familienumzug hatte ihn in Bewegung gesetzt, sein Onkel war Altbirklehofer, und seine Tante hatte in eine Familie geheiratet, die seit Generationen ein Internat nahe Bad Nauheim in Hessen leitet. Seine einzige Bedingung an die Eltern: kein Klavierunterricht mehr.

--- --- --- Was macht eigentlich ...?

Getreu unserem Anspruch „Das Wir leben, das Ich finden“ sind alle Altbirklehoferinnen und Altbirklehofer ihren ganz persönlichen, spannenden Weg gegangen. Sie tragen alle zur großartigen Vielfalt der Birklehof-Gemeinschaft bei.

Mit unserer Rubrik „Was macht eigentlich …?“ wollen wir unsere Alumni und ihre spannenden Biografien vorstellen und zeigen, wie der Birklehof sie und ihren Lebensweg geprägt hat. Unser Wunsch ist es, die Menschen rund um den Birklehof näher zusammenzubringen, damit sie sich gegenseitig inspirieren.

Nahezu während seiner gesamten Schulzeit bis zum Abitur 1981 lebte Kim im Saalbau – und gehörte damit zu den selbsternannten „Saalbau Lords“, die nach innen wie nach außen eine besondere Rolle spielten. Ihre Leidenschaft galt vor allem der Musik abseits des Mainstreams, fernab öffentlicher Aufmerksamkeit. Besonders gern erinnert sich Kim an seinen eher unkonventionellen Hauserwachsenen und Mentor Harald Trede, an die Englandfahrt mit Ernst Leube, an die Mitwirkung bei zahlreichen Theaterstücken – unter anderem gemeinsam mit Matthias Fuchs am „Striptease“ von Sławomir Mrożek – sowie an die gemeinsamen Wochenenden am Birklehof, die den Zusammenhalt der Gemeinschaft auf ganz eigene Weise stärkten. Nur an fünf Wochenenden fuhr er während seiner gesamten Schulzeit nach Hause – wie die meisten seiner Mitschülerinnen und Mitschüler blieb auch er fast durchgehend am Birklehof. Dort entstanden feste Freundschaften, viele besondere Erinnerungen – und auch seine erste feste Beziehung.

Während der Schulzeit seines jüngeren Bruders hielt Kim weiterhin engen Kontakt zu Harald Trede und zu Freunden aus den unteren Jahrgängen. Danach folgte eine lange Phase ohne Begegnungen mit dem Birklehof. Doch aus heutiger Sicht verbindet er zwei entscheidende Weichenstellungen seines Lebens mit unserer Schule: seinen Weg zur Ausbildung und seinen Weg zum Kino.

Da Kim der Jüngste in seinem Jahrgang war und als untauglich eingestuft wurde, konnte er nach dem Abitur eine Schreinerlehre beginnen, ohne den Anschluss zu verlieren. In der Werkstatt eines traditionellen Restaurators lernte er echtes Handwerk – und eine neue Lebenswirklichkeit: wie man mit eigenen Händen etwas erschafft. Die Fertigkeiten, die er dort von seinem ganz persönlichen „Meister Eder“ vermittelt bekam, nutzt er bis heute. Sein Interesse fürs Schreinern – und damit für eine der beiden entscheidenden Weichenstellungen seines Lebens – wurde bereits am Birklehof geweckt: in der dortigen Schreiner-AG.

Auch sein Weg zum Kino nahm am Birklehof seinen Anfang. Über das Mentorat von Harald Trede kannte Kim die spätere Schauspielerin Irene Fischer, die mit dem Kameramann und Filmregisseur Dominikus Probst verheiratet war. Bei einer gemeinsamen Silvesterfeier am Birklehof sprach Kim ihn auf ein mögliches Engagement bei einem kommenden Filmdreh an – und wurde, völlig unerwartet, als Kameraassistent für den Film „Egomania – Insel ohne Hoffnung“ (Regie: Christoph Schlingensief, Erstaufführung 1986) engagiert. Es blieb nicht bei diesem einen Projekt: Mit Schlingensief drehte Kim einen weiteren Film und lernte dabei unter anderem Tilda Swinton, Udo Kier und Helge Schneider kennen.

Fasziniert von der Kino- und Medienwelt studierte Kim von 1986 bis 1991 Publizistik in Kombination mit Betriebswirtschaftslehre an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Über seine Abschlussarbeit zur deutschen Filmwirtschaft verschaffte er sich direkten Zugang zur Branche. Seine erste berufliche Station war der neu gegründete Medienbereich der Unternehmensberatung rmc rinke medien consult in Wuppertal, die sich auf Medienunternehmen – insbesondere Kinos – spezialisierte. Während seiner 16-jährigen Tätigkeit entwickelte Kim zahlreiche Projekte, federführend darunter den Fernstudiengang „Der Filmtheaterkaufmann“, der heute im 28. Jahrgang jährlich bis zu 25 Nachwuchskräfte für die Kinobranche ausbildet. Das daraus entstandene Netzwerk wurde zum Türöffner für über 200 Beratungsprojekte und Gutachten – auch für internationale Partner – sowie für viele inspirierende Begegnungen in der Film- und Medienwelt.

So kam es, dass Kim ab 1996 eine Gruppe von zunächst sechs Kinobetreibern beriet, die sich als traditionsreiche Erstaufführer stärker gegenüber den großen internationalen Konzernen positionieren wollten. Nach einer dreijährigen Aufbauphase schlossen sich immer mehr Unternehmen an. 2008 gelang es dem wachsenden Verbund unter dem Markennamen Cineplex schließlich, Kim für die Geschäftsführung zu gewinnen.

Heute gehören 26 wirtschaftlich eigenständige Familienunternehmen mit über 90 Kinos zu Cineplex – dem Marktführer in allen relevanten Kategorien des deutschen Kinomarkts. Mit einem Team von 30 Mitarbeitenden verantwortet die Servicegesellschaft den zentralen Einkauf und die Vertragsverhandlungen – nicht nur für Filme, sondern auch für Popcorn, Eis und andere Kinoprodukte. Darüber hinaus steuert sie die gesamte technische Infrastruktur: von der Website über das Buchungssystem bis hin zur Cybersicherheit. Für die teilnehmenden Unternehmen liefert Kim kreativen Input, vertritt Cineplex als eine Art „Außenminister“ im sogenannten Filmparlament und auf nationalen wie internationalen Branchentreffen – und sorgt vor allem dafür, dass die beteiligten Familienunternehmen, die völlig eigenständig in Preis- und Programmpolitik agieren und unterschiedliche Profile mitbringen, als geschlossene Einheit auftreten.

Die Cineplex-Gruppe ist in ihrer Struktur einmalig – ebenso wie Kims Aufgabenbereich. Die Entscheidung, ihre Entwicklung maßgeblich mitzugestalten, bezeichnet er bis heute als die beste seines Berufslebens. Seit beinahe dem Gründungstag 1996 hat er Cineplex begleitet und geprägt. Für Ende 2026 ist nun ein geregelter Führungswechsel geplant.

Dem Abschied blickt Kim mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegen: Der direkte Austausch mit vielen schillernden Persönlichkeiten der Branche wird ihm zweifellos fehlen. Doch er freut sich auf mehr Zeit mit seiner Familie, auf sein ehrenamtliches Engagement im Kunst- und Museumsverein in Wuppertal – und auf unzählige Filmvorführungen, die er künftig ganz nach persönlichem Interesse auswählen kann.

Vielleicht verrät er uns ja hin und wieder eine ganz besondere Empfehlung.

Fotos: privat
Text: Elisabeth Ilg

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