05. Juni
Ein Leben für den Birklehof – Interview mit Martin Zeidler
Wenn am Birklehof eine prägende Persönlichkeit Abschied nimmt, bleibt immer ein Stück Geschichte zurück. Martin Zeidler, dienstältester Lehrer, Theatermacher, Outdoor-Pionier und Lateinliebhaber, blickt im Gespräch mit Felix auf seine bewegte Zeit am Birklehof zurück. Was bleibt, was wird vermisst, und wie geht es weiter? Ein sehr persönliches Interview.
---- 🙂 ---- Menschen am Birklehof
Auf die Menschen kommt es an
Die Menschen machen unsere Schule so besonders. Sie leben Gemeinschaft und geben Geborgenheit, bieten Freiheit und Individualität, erwarten Verantwortung für sich selbst und andere. Jede und jeder von ihnen bringt eine eigene Geschichte mit und prägt so unserer Schule. An dieser Stelle werden wir regelmäßig die besonderen Menschen am Birklehof und ihre Geschichten vorstellen.






Wie geht es Ihnen heute?
Martin Zeidler:
Mir geht es gut, ich hatte einen vollen Samstag – mit turbulenten Proben für das Kindermusical der 6. und 7. Klasse, Englischunterricht in der 8. und allem, was dazugehört. Es war lebendig, wie so oft am Birklehof.
Sie sind einer der dienstältesten Lehrer. Was nehmen Sie aus dieser Zeit mit?
Martin Zeidler:
Mehr als die Hälfte meines Lebens habe ich hier verbracht. Ich kam als Single, dann zog meine Frau nach, wir bekamen Kinder – der Birklehof wurde unsere Heimat. Es war nicht immer einfach, vor allem für meine Frau, aber als sie Schulärztin wurde, fand auch sie ihren Platz hier. Ich habe mich immer für Transparenz und Entwicklungsmöglichkeiten eingesetzt, damit Kolleg:innen wissen, wie sie ihr Leben hier gestalten können. Was ich vermissen werde? Die Gymnastikhalle – mein kreativer Rückzugsort – und natürlich den besonderen kollegialen Geist.
Sie waren immer bei Outdoor-Aktivitäten dabei. Was nehmen Sie daraus mit?
Martin Zeidler:
Ob Höhlenexpeditionen, Studienfahrten zu Fuß oder mit dem Fahrrad, oder die berühmte 0-Euro-Fahrt – am Birklehof lernst du immer voneinander. Pädagogik funktioniert nur, wenn man mittendrin ist. Das habe ich bei Outward Bound, in Norwegen und bei vielen anderen Aktionen erlebt. Es geht ums gemeinsame Tun und Erleben – das prägt.
Latein ist Ihre Leidenschaft. Wie bleibt das in Ihrem Alltag präsent?
Martin Zeidler:
Latein ist für mich mehr als eine Sprache – es ist eine Lebenseinstellung. Ich werde sicher weiterhin lateinische Texte lesen und gelegentlich einen schlauen Spruch bringen. Gerade lese ich mit der 10. Klasse Cicero – und merke, wie aktuell viele Themen sind.
Sie sind bekannt für Ihre Theaterleidenschaft. Wie geht es damit weiter?
Martin Zeidler:
Theater war immer mein Herzblut. Ich kam ursprünglich wegen einer Anzeige „Lateinlehrer mit Skifahr- und Tanzkenntnissen gesucht“ an den Birklehof. Die Aufnahme hier war herzlich, und ich konnte meine Theaterleidenschaft voll ausleben – oft an ungewöhnlichen Orten. Wie beispielsweise eine Tanzaktion im Brennkessel des Geisinger Betonwerks kurz vor der Sprengung, oder am Dampflok- Gelände in Tuttlingen in und auf den verrosteten Dampflokomotiven. Ich hoffe, dieser Geist bleibt am Birklehof lebendig.
Woher kommen all Ihre verrückten Ideen?
Martin Zeidler:
Vieles entsteht spontan, oft auch durch Schüler: innen oder Kolleg: innen. Die Motorrad-Runden auf dem Weihnachtsmarkt zum Beispiel waren ursprünglich gar nicht meine Idee – aber solche Traditionen wachsen eben.
Was macht für Sie den Birklehof besonders? Ist es eine Arbeitsstätte oder mehr Beruf oder Berufung?
Martin Zeidler: Ich habe das ja auch schon öfter im Zusammenhang mit Work Life Balance angedeutet: der Birklehof ist für mich nicht einfach nur eine Arbeitsstelle. Für alle, die hier arbeiten, ist es ein Lebensmittelpunkt oder zumindest ein wichtiger Standpunkt im Leben – und für viele Schüler:innen ist es ein Zuhause auf Zeit. Auch als externer Kollege ist man durch das Wochenenddienst-Programm eng eingebunden und verbringt viel Zeit hier. Ich, glaube es funktioniert nicht, wenn man den Birklehof nur als Arbeitsstätte sieht. Es ist mehr – es ist ein Beruf und Berufung zugleich.
Gibt es eine Anekdote aus dem Schulalltag, die Sie teilen möchten?
Martin Zeidler:
Es sind oft die kleinen Momente, die bleiben. So habe ich mit einer Klasse 7 einmal das „Wildschweinspiel“ gespielt, da ich am Anfang der Stunde etwas Ruhe reinkriegen wollte. Das ist ein Aufwärmspiel mit einem bestimmten Ritual. Wenn in der Gruppe unabgesprochen alle in einer Position erstarren, ist das Spiel vorbei. Diese Regel hatte ich erklärt, das heißt umgekehrt aber auch, dass das Spiel so lange dauert, bis sie alle stillstehen. Und sie haben dieses eher eintönige Spiel eine geschlagene Stunde durchgehalten, sogar selbst kreativ variiert, kamen dadurch um den Lateinunterricht und haben mich ausgetrickst. Eine großartige Gemeinschaftsleistung. Diese Kreativität und aufgeweckte Zusammenarbeit der Schüler:innen werde ich vermissen – und davon nehme ich viel mit.
Werden Sie den Kontakt zum Birklehof halten?
Martin Zeidler:
Bestimmt! Ich werde zu besonderen Anlässen vorbeischauen, vielleicht wieder am Weihnachtsmarkt Motorrad fahren. Aber ich brauche immer einen Anlass – einfach so vorbeikommen fühlt sich für mich nicht richtig an.
Wie sieht Ihre Zukunft aus?
Martin Zeidler:
Ich lasse es langsam ausrollen. Noch ein letztes Basecamp mit meiner Frau, Betreuung der ausländischen Schülerinnen und Schüler in den Herbstferien, vielleicht ein Tanz- oder Theaterwochenende. Und ich habe auch schon einen Theaterjob an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Eine große Weltreise ist nicht geplant – aber der Schwarzwald hat ja auch viel zu bieten.
Ein besonderes Anliegen
Martin Zeidler:
Eines ist mir noch wichtig: Ich möchte meinen Kolleginnen und Kollegen unendlich danken – für die vertrauensvolle, freudvolle, humorvolle, kreative und immer nach vorne gerichtete Zusammenarbeit und Unterstützung. Das macht den Birklehof aus: dass man gemeinsam an etwas arbeitet. Sei es im Fachbereich, gemeinsam in der Zeltgruppe bei Outward Bound oder auf Studienfahrten, bei den Musicals, Theateraufführungen, in Kooperation, im Musikunterricht, bei den Diensten und vielem mehr. Ohne diese Gemeinschaft wäre eine so lange und erfüllende Tätigkeit am Birklehof nicht möglich gewesen. Danke!
Schlusswort
Mit diesen Worten verabschiedet sich Martin Zeidler von der Birklehof-Gemeinschaft. Seine Leidenschaft, sein Engagement und seine Wertschätzung für das Miteinander werden am Birklehof weiterwirken. Wir danken ihm von Herzen für die letzten 35 Jahre und wünschen ihm für seinen neuen Lebensabschnitt alles Gute und freuen uns auf ein Wiedersehen – spätestens beim nächsten Weihnachtsmarkt!
Interview: Felix Schlumberger (Q1)









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